Die Geschichte…

Karneval im Neißetal

 

Ursprung, Entwicklung und Wirken des Karnevalsvereins Forst-Sacro 1979 e.V.

Von Manfred Geisler (erschienen im Forster Jahrbuch 2009)

Karnevalsumzug in Forst 1955, Berliner Straße

Karnevalsumzug in Forst 1955, Berliner Straße

Vorbemerkung

Karneval ist ein traditionsreiches und vielschichtiges Kulturgut. Auch in Forst. Schon 1955 fand  hier ein Karnevalsumzug statt.  In einem Flugblatt des Forster Elferrats vom 05. Februar 1955 wird das „Narrenvolk von Forst“ aufgefordert, „.. die närrischen Tage kostümiert und freudetrunken zu feiern. …“ Unterzeichnet war dieser Aufruf von seiner Tollität, Prinz Karneval Ricardo I. Ein frühes Zeugnis karnevalistischen Treibens, knapp 10 Jahre nach Ende des 2. Weltkriegs.

 

Gegenstand dieses Beitrags ist allerdings nicht der Karneval in Forst in seiner Gesamtheit, sondern, schwerpunktmäßig,  der Ursprung und das Wirken des Karnevalvereins Forst Sacro (KCS). Das hier auch Zeiträume angesprochen werden, die vor der Gründung des KCS liegen, ist der Tatsache geschuldet, dass das karnevalistische Wirken in Sacro in den Jahren 1958 bis 1972 auch Auswirkungen auf die spätere Gründung des KCS hatte.

Forschte Helau

 

Eine feste Größe im Forster Kulturleben ist seit Jahren der Karnevalsverein Forst-Sacro 1979 e.V.

Wenn am 11.11. jeden Jahres in den Karnevalshochburgen die fünfte Jahreszeit eingeläutet wird, hält es auch die Narren in Forst nicht mehr zu Hause. Unter Führung des Karnevalsvereins Forst-Sacro, mit der stolzen Garde vorneweg, wird das Rathaus  ‚gestürmt’ und mit der symbolischen Übergabe des Schlüssels durch den Bürgermeister an das Prinzenpaar übernehmen die Narren in Forst die Herrschaft über die Stadt, bis am  Aschermittwoch der Alltag wieder einkehrt.

Gegründet wurde der Karnevalsverein Sacro im November 1979. Die karnevalistischen Aktivitäten, die letztlich auch wesentlich zur Gründung des Vereins beitrugen, begannen jedoch schon viel früher.

 

Wie alles begann

 

Nach dem Krieg war der Sacroer Konrad Fechner in verschiedenen sowjetischen Lagern interniert. Erst in Jamlitz und Ketschendorf, später in Russland selbst (der genaue Ort ist nicht bekannt). 1951 kehrte er aus der Sowjetunion zurück. Während der Internierung hatte er einen Herrn Köfer (Vorname und Herkunft nicht bekannt) kennengelernt, durch den er Kontakt zum rheinischen, genauer gesagt, Kölner Karneval bekam. Ein glücklicher Umstand, denn diese Erfahrungen erwiesen sich als Hilfe und Trost, um diese lebensbedrohliche Zeit zu überstehen. Die Liebe zum Karneval war geboren und sollte bis zu seinem Tode bestehen bleiben.

Beim Zampern 1959

Beim Zampern 1959

In der Naun-dorfer Straße in Sacro befand sich die Schmiede von Willy Rinckert, die als ‚Alte Schmiede’ bekannt werden sollte. Sie diente nicht nur dem Handwerk, sondern wurde mitunter auch als Treffpunkt genutzt, um ein wohlverdientes Feierabendbier zu genießen.

Nach einem Arbeitseinsatz auf dem Friedhof wurde im Februar 1958  von dem ‚karnevalsinfizierten’ Konrad Fechner und von Gottfried Ratthei in der ‚Alten Schmiede’ die Idee geboren, in Sacro einen Karnevalsverein zu gründen. Um den  damit verbundenen Aufwand möglichst gering zu halten, entschloss man sich, auf eine eigene Klubgründung zu verzichten, und einigte sich darauf, die Aktivitäten unter der Trägerschaft des Männergesangvereins Sacro durchzuführen.

Präsident wurde Erich Wirth, der auch Vorsitzender des Männergesangvereins war. Da die karnevalistischen Erfahrungen, die die beiden Initiatoren gemacht hatten,   aus unterschiedlichen Regionen stammten, wollte man keine Region ‚bevorzugen’. So entschied man sich einerseits für den Schlachtruf „Helau“, andererseits konnte aber eine Nähe zum Kölner Winterbrauchtum, was nicht zuletzt an den Kostümen zu erkennen ist, nicht verborgen bleiben.

Finanziert wurden die Aktivitäten  durch das ‚Zampern’  (Sammeln von Geld und Lebensmitteln, vorwiegend Eier und Speck), einer Tradition, die bis heute in den Dörfern um Forst Bestand hat und vom Fastnachtsgeschehen nicht zu trennen ist.

Die erste offizielle Karnevalsveranstaltung fand bereits am 07.02.1959  statt. Ort der Veranstaltung war der Saal der  Gaststätte ‚Turnhalle’ in  Sacro.

Ein Jahr später wurde schon kräftig um das karnevalistische Publikum geworben. Schließlich wurde in vielen Gaststätten zum Fastnachtstanz gebeten. So konnte man in der Lausitzer Rundschau vom 05.02.1960 folgende Anzeige finden:

Ala, Helau, Hurra – Prinz Karneval ist da

Am 06. Februar 1960

Alles auf zum Karneval

in die Turnhalle Sacro

Anfang 19 Uhr, Ende ?

Prinzeneinmarsch 20 Uhr

Zum Tanz spielt die Kapelle „DA CAPO“

Kassenöffnung 18 Uhr – Große Saaldekoration

 

Es laden ein      Männerchor Sacro

Das Interesse war sehr groß, so dass die Veranstaltungen stets ausverkauft waren.  1968 betrug der Eintrittspreis beispielsweise 2,50 Mark. Zum Vergleich: 2007 kostete der Eintritt närrische 11,00 Euro.

Hauptorganisator war Konrad Fechner, der spätere, erste Präsident des Karnevalsclubs Forst- Sacro. Konrad Fechner knüpfte in diesen späten 50er/Anfang 60er Jahren  die ersten Kontakte zum Komitee Kölner Karneval und zu der ostdeutschen Karnevalshochburg Wasungen in Thüringen. Ziel dieser Kontakte war es u.a. Liedertexte, Büttenreden und andere Anregungen zur eigenen Verwendung zu erhalten. Diese Aktivitäten wurden von den offiziellen Stellen nicht gern gesehen und misstrauisch beobachtet. Trotzdem war man sehr erfolgreich. U.a. gab es auch illegale Kontakte auf der Autobahn zwischen Konrad Fechner und Kölner Kontaktleuten (einer der Kontaktleute war auf jeden Fall der schon erwähnte Herr Köfer, der nach der Rückkehr aus der Internierung in den Westen ausgereist war), wobei  auch Materialien übergeben wurden. Konkrete Angaben oder detaillierte Einzelheiten waren leider nicht zu ermitteln, da Konrad Fechner, auch seinen karnevalistischen Mitstreitern gegenüber, mit seinen Informationen, verständlicherweise, sehr zurückhaltend war.

1959 Prinzenpaar Egon Menzel + Brigitte Lehmann

1959 Prinzenpaar Egon Menzel + Brigitte Lehmann

Auch ein Prinzenpaar gab es schon im Jahre 1959. Egon Menzel und Brigitte Lehmann     waren die ersten  Herrscher die, in Zusammenhang mit dem Sacroer Männerchor, in Forst das närrische Zepter schwangen.

Die Kostüme wurden in Eigenregie hergestellt. Brigitte Lehmann und Lotte Horter   waren u.a. für die Näharbeiten zuständig. Auch die Requisiten wurden von der aktiven Truppe selbst angefertigt. Von den geschickten Handwerkern seien der Maler Max Eisert und Erhard Briesemann, der für die Holzarbeiten zuständig war, besonders erwähnt.

Bühnenbild und Technik waren schon sehr ausgereift. So hatte man beispielsweise eine Bühnenumrandung aus 2.700 farbigen Lämpchen. Da blieb es nicht aus, dass in jeder Session etliche dieser anfälligen Leuchtmittel kaputt gingen und hundertfach ersetzt werden mussten.

In den 60er Jahren war der Sacroer Karneval so beliebt, dass auch außerhalb von Sacro zusätzliche Veranstaltungen durchgeführt wurden, so im Speiseraum der ‚Forster Feintuchwerke’ oder im ‚Kulturhaus der Textilarbeiter’.

Anfang der 70er Jahre schwappte die Begeisterung über die Forster Grenzen hinaus, so dass es   sogar zu einem Auftritt im ‚Deutschen Haus’ in Döbern kam.

Trotz des großen Erfolges und des anhaltenden Interesses wurden die karnevalistischen Aktivitäten  nach der Session des Jahres 1972/73 weitgehendst eingestellt. Konrad Fechner, seit der sowjetischen Internierung gesundheitlich schon sehr angeschlagen, musste diesem Umstand Rechnung tragen. Wilfried Britze, auch ein Mitglied der ersten Stunde und einer der aktivsten Mitstreiter,  war durch sein Studium zeitlich so eingeschränkt, dass für umfangreiche zusätzliche Aktivitäten nur noch wenig Zeit blieb. Kurz: Die personelle Decke reichte nicht mehr aus um auf dem bisherigen Leistungsstand weiter zu machen. Der Männergesangverein Sacro beschränkte sich im Wesentlichen wieder auf sein eigentliches Ziel, der Pflege des Liedgutes

Aber auch diese Widrigkeiten erwirkten keine wirkliche Pause im närrischen Treiben. Die vorhandene Technik wurde sorgfältig weiter gepflegt, und auch wenn man keine eigenen Sitzungen mehr durchführte, war man in dieser Phase noch mit Programmbeiträgen in den umliegenden Ortschaften wie Döbern, Simmersdorf oder Sergen intensiv beteiligt.

Der Neubeginn

 

Obwohl die närrischen Aktivitäten in abgeschwächter Form  fortgeführt wurden, blieb der Gedanke, an die alte Tradition anzuknüpfen und den Karneval neu und in intensiverer Form wiederzubeleben, erhalten. Manfred Rauch, ein damaliger Lehrer, der damals für die Jugendarbeit in Sacro zuständig war, gab schließlich den entscheidenden Anstoß. Und wieder war es Konrad Fechner, der als einer der Hauptinitiatoren den Neubeginn tatkräftig mitgestaltete.  Manfred Rauch trat nicht weiter in Erscheinung.

So trafen sich im  November 1979 acht karnevalsinteressierte Bürger  in der Küche von Konrad Fechner in Sacro und beschlossen die  Gründung des Karnevalsclubs Sacro (KCS). Der Männergesangverein Sacro blieb diesmal außen vor. Diese Gründung war also ein Eigengewächs, auch wenn nicht verschwiegen werden soll, dass ohne die bekannte  Vorgeschichte die Gründung in dieser Form vielleicht nicht möglich gewesen wäre.

Gründungsnitglieder:

  • Konrad Fechner*
  • Hans-Joachim Lehmann*
  • Heinz Krahl*
  • Wilfried Britze*
  • Angela Stadach
  • Wilfried Zimmermann
  • Helmut Marko*
  • Jürgen Marko

* Mitglied im Männergesangsverein Sacro

Auch wenn die Klubgründung im November 1979 erfolgte, zog sich das offizielle Antragsverfahren, bedingt durch immer neue bürokratische Hindernisse, bis in den Mai 1980 hin. In dieser Zeitspanne hatten sich schnell weitere Mitstreiter gefunden, die den Verein aktiv unterstützten.

Konrad Fechner 1981

Konrad Fechner 1981

Trotz seiner gesundheitlichen Probleme, ließ sich Konrad Fechner  überreden, als 1. Präsident (Anlage 2) dem KCS vorzustehen. Am 04.12.1980 konnte man  in der Lausitzer Rundschau lesen:

 „Sacroer Karneval entsteht neu – Karneval im Neißetal will jung und alt erfreuen. ‚Früher wie heut’ – Spaß an der Freud’ – Der alte Wahlspruch des Sacroer Karnevals soll bald wieder Wirklichkeit werden. Nach siebenjähriger Pause wollen wir im Jahr 1981 … den ‚Karneval im Neißetal’ wieder zum Leben erwecken. … Viele Interessenten aus Sacro und Forst haben mit Unterstützung der Abteilung Kultur beim Rat der Stadt und der Abteilung Kultur beim Rat des Kreises Forst im Mai dieses Jahres den Karnevalsklub Sacro gegründet.“ Der dies verkündete war der Präsident des KCS,  Konrad Fechner. Als  Zweck des Vereins gab man  die Förderung von  Kultur und Kunst, Pflege und Erhaltung des Karnevals im überlieferten Brauchtum auf traditions- und landestypisch gebundener Grundlage, an.

 

Von Beginn an legte man großen Wert darauf, Mitglieder zu gewinnen, die sich aktiv an der Programmgestaltung  beteiligen. Mitglied werden kann man ab 16 Jahren, wobei eine 2-jährige Probezeit absolviert werden muss um zu sehen, wie ernst es dem Bewerber ist, aktiv am Vereinsleben teilzunehmen. Aber auch Kinder und Jugendliche sind nicht ausgeschlossen. Als sogenannte ‚Anwärter’ sind sie voll in das Vereinsgeschehen integriert. Durch ein breites Spektrum von Aufgaben und Betätigungsmöglichkeiten im Klub, können Kinder, Jugendliche und Erwachsene, ihren Möglichkeiten entsprechend, in das Vereinsleben eingebunden werden. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

 Ob ‚Saalpolizei’, Prinzen- oder Funkengarde, Büttenredner oder Sänger, jeder Interessierte findet ein Betätigungsfeld in einer der unterschiedlichen Gruppen, die das Gesamtbild des Vereins bestimmen (Anlage 3).

Als Schlachtruf, der bei keinem richtigen Karnevalsverein fehlen darf, hatte man, wie bereits erwähnt,  trotz der ‚gefühlten’ Nähe zum Kölner Umfeld den Begriff ‚Helau’ gewählt.

‚Forschte Helau’ heißt es seitdem auf Forster Straßen und bei karnevalistischen Veranstaltungen. Auch wenn man zu DDR-Zeiten karnevalistisches Zubehör käuflich erwerben konnte, war das Beschaffen von entsprechenden Utensilien und Kostümen, abgesehen von den finanziellen Umständen,  durchaus problematisch. Da man nicht einfach in ein Fachgeschäft gehen konnte um entsprechende Teile zu kaufen, war man natürlich auf Eigeninitiative und Mitstreiter angewiesen, die über entsprechendes handwerkliches Geschick verfügten. So hatten auch interessierte Bürger die Möglichkeit sich aktiv hinter den Kulissen in das Vereinsleben einzubringen, wenn sie nicht im Vordergrund stehen wollten oder konnten.

Mit dem Schneider Wolfgang Krietsch aus Guben hatte man einen solchen Mitstreiter gefunden. Konrad Fechner hatte ja bereits Ende der Fünfziger/Anfang der 60er Jahre Kontakte zum Kölner Karneval geknüpft. So verwunderte es nicht dass die Kostüme der Funkengarde, die Wolfgang Krietsch anfertigte, den Originalmodellen aus dem Kölner Karneval entsprachen.

 Für die Einstudierung der Tänze konnte der Tanzlehrer Eberhard Fink vom Staatstheater Cottbus gewonnen werden. So war eine professionelle Unterstützung für die Funkengarde sichergestellt. In späteren Jahren übernahmen   Christel Klawonn und, aktuell, Karina Malke (Kinder-, Männer- und Showballett) und Diana Pesker (Funken) diese wichtige Aufgabe.                                               Von 1959 an bis in die Anfänge der 80er Jahre hatte der Verein auch musikalische Unterstützung durch Herbert Börner, einen stadtbekannten Forster Musiker, der als Alleinunterhalter mit seinem Akkordeon auftrat und auch Programm-Bestandteil einiger Sitzungen war. Zu den Spielstätten gehörten, wie zu früheren Zeiten,  zunächst die ‚Turnhalle’ Sacro und später das ‚Kulturhaus der Textilarbeiter’.

Das 1. Prinzenpaar des neuen Clubs waren Stephan Ziegler und Martina Wilke in der Session 1980/81.

Auch wenn der KCS keiner ‚Dachorganisation’ angehörte, nahm man doch an den schon stattfindenden Werkstätten des Bezirksverbandes teil, in denen sich Karnevalclubs regelmäßig austauschen konnten. Im Gegensatz zu den weitgehend schon kommerzialisierten Karnevalshochburgen im Rheinland hält man traditionell an einem Motto zur Session fest:

 „Karneval im Neißetal“

heißt es daher in jedem Jahr aufs  Neue.

Hintergrund dieser Entscheidung war, dass man eine möglichst große Themenvielfalt im Programm präsentieren und die Aktiven so wenig wie möglich in ihrer Kreativität einengen  wollte.

So soll Karneval volkstümlich und für jeden erlebbar bleiben.

Am 11.11.1982 wurde die Session erstmals durch eine Abendveranstaltung eröffnet.

Im Jahr 1983 legte Konrad Fechner aus gesundheitlichen Gründen sein Präsidentenamt nieder. Nachfolger wurde Wilfried Zimmermann  der auch schon zu den Mitbegründern des Vereins im Jahre 1979 gehörte.

05---1982-83-Ehepaar-Zimmermann

Zu DDR-Zeiten hatten es die Karnevalisten nicht immer leicht. Auch wenn die Gründung des KCS offizielle Unterstützung gefunden hatte, war man bei den ‚Problemen des Alltags’ doch weitgehend auf sich alleine gestellt. Dabei waren die Beschaffung von Kostümen und sonstigen Materialien für ihre Aktivitäten nicht die einzigen Schwierigkeiten mit denen man zu kämpfen hatte.

Karneval ist humorvoll und Karneval ist lustig.  Karneval ist aber auch traditionell ‚aufmüpfig’ und macht auch nicht Halt vor Kritik an der Obrigkeit. Eine Eigenschaft, die in der DDR natürlich nicht so gern gesehen wurde und Anlass zu mancher Auseinandersetzung mit den öffentlichen Stellen war.

So mussten z.B. Büttenreden  der Kulturabteilung des Rates des Kreises zur Genehmigung vorgelegt werden.

Klaus-Dieter Seidel dazu:

„Da saßen dann 3 Vertreter des Rates zur ‚Abnahme’ meiner Manuskripte. Um  zumindest numerisch mitziehen zu können traten wir dann auch zu dritt auf und versuchten unsere Werke in der Urfassung zu verteidigen.“

Auch wenn dies immer wieder gelang, so mancher Text musste trotzdem abgeändert werden. Auf konkrete Nachfrage, was man denn ändern solle, wurde zuerst einmal mit dem Hinweis abgewiegelt, dass es keine Zensur gäbe.  Gleichzeitig wurde aber deutlich gemacht, dass es doch sicher die eine oder andere Möglichkeit gäbe, bestimmte Textpassagen abzuschwächen oder zu ‚anonymisieren’. So musste bei kritischen Anmerkungen beispielsweise die Partei ja nicht ausdrücklich genannt werden.

Dass Kritik,  auf regionaler Ebene, aber auch grundsätzlicher Art, durchaus möglich war, zeigen die beiden nachstehenden Textbeispiele (Auszüge) aus Beiträgen von Klaus-Dieter Seidel aus dem Jahre 1988. Dabei handelt es sich um bereits ‚bereinigte’ Fassungen. Die Ursprungstexte liegen leider nicht mehr vor:

 06---2001-Klaus-Dieter-Seidel

Gesangsvortrag (Nach der Melodie: „Bolle reiste jüngst zu Pfingsten“)

Strophe 5:

Im Bahnhof angekommen, da ging’s mir aber schlecht,

ich wollt ’ne Tasse Kaffee, dem Wirt war das nicht recht,

nicht mal ’ne Butterstulle ham mir sie da serviert,

vor Zehne ist’s nicht möglich und abends rationiert.

 Strophe 8:

Schon 100 Meter weiter, da geht die Sonne auf,

ein superbunter Laden lädt mich dort ein zum Kauf.

Für Dollar, Pfund, Peseten kauft man hier herrlich ein,

doch mit Zlotys, Mark und Rubel bin ich dort ein armes Schwein.

 Büttenrede

Im Monat Dezember 86 beim Kerzenschein,

war in aller Munde der Vater Rhein.

Tonnenweise Abfall, alles Chemie,

die kippte dort rein die Westindustrie.

Das Wasser verseucht, die Fische tot,

die ganze Umwelt in großer Not.

Die schlimmsten Sachen man in der Rundschau liest,

ein Glück, dass bei uns nur die Neiße fließt.

Fischsterben ist bei uns gar nicht in,

weil da keine Fische seit langem mehr drin,

und fängste doch einen, dann ist dir nicht wohl,

den kannste nicht essen, der schmeckt nach Phenol.

Ja unsere Flüsschen und auch unsere Luft

verbreiten einen besonderen Duft.

Ob Mühlgraben, Malxe, Neiße, ist gleich,

bestehn mit Lavendel kaum den Vergleich.     

 

Die kritische Haltung der offiziellen Staatsmacht nahm  mitunter allerdings geradezu satirische Züge an. So, als eine Bezirksleiterin der SED in Cottbus beispielsweise äußerte, dass, ginge es nach ihr, der Karneval ganz abgeschafft würde, da die Leute am nächsten Tag nicht zur Arbeit kämen.

Glücklicherweise ging es aber nicht nach  ‚ihr’ ,so dass  sich der Karneval auch zu DDR-Zeiten größter Beliebtheit erfreute und das Interesse immer mehr zunahm.

Auch wenn die örtlichen Behörden eine kritische Distanz zu den Aktivitäten der Karnevalisten hatten, so wurde ihnen auch im real existierenden Sozialismus nicht jede Anerkennung durch die Obrigkeit versagt.  Am 11.11.1987, pünktlich zum Beginn der 5. Jahreszeit erhielt der Club die Plakette ‚In Anerkennung hervorragender Leistungen’ in Silber   verliehen.

07---1987

„Für die Tätigkeit in der Stadt Forst (Lausitz) bei der Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft in der Deutschen Demokratischen Republik“ heißt es in der Urkunde, die vom damaligen Bürgermeister, Werner Knobe, unterschrieben wurde.

Seit 1987 wird auch regelmäßig ein Seniorenkarneval durchgeführt. Erst auf Einladung und mit Unterstützung der Volkssolidarität, nach der Wende in Eigenverantwortung. inzwischen dient diese Veranstaltung als Generalprobe für die Sitzungen der aktuellen Session.

 

Wendezeiten

Mit der politischen Wende im Jahr 1989 änderten sich auch für die Karnevalisten in Forst einige Grundbedingungen. Neben der ‚Freiheit’ sich unbeschadet inhaltlich äußern zu können, musste man aber  feststellen, das es auch jetzt durchaus Rücksichten zu nehmen gab. Neu, im negativen Sinne, waren allerdings vor allem Probleme, mit denen man am wenigsten gerechnet hatte. Bürokratische Hindernisse und Auflagen (z.B. bei der Bewilligung von Umzügen oder Durchführung von Veranstaltungen), finanzielle Schwierigkeiten  und versicherungsrechtliche Fragen, mit denen man verständlicherweise nicht vertraut war, um nur einige zu nennen. Aber alle Hürden wurden gemeistert. Im Übrigen muss man sowohl der Kreis- als auch der Stadtverwaltung in Forst bestätigen, dass es immer eine sehr kooperative Zusammenarbeit gab. Eine nicht zu unterschätzende Voraussetzung für eine erfolgreiche Vereinsarbeit. Im Jahr 1990 wurde der KCS Mitglied im Karnevalsverband Lausitz (KVL) und Karnevalsverband Berlin – Brandenburg (KVBB).

Konrad Fechner starb am 01.01.1990 im Alter von 60 Jahren.

Im gleichen Jahr, am 12. Juni, stellte man den Antrag auf Eintragung in das Vereinsregister beim Kreisgericht Forst. Gleichzeitig beantragte man die Änderung des Vereinsnamens ‚Karnevalsclub Sacro’ in ‚Karnevalsverein Forst-Sacro 1979 e.V.’. Hintergrund war die irrige Annahme des damaligen Präsidenten, Wilfried Zimmermann, dass der Begriff ‚Club’ nicht mehr zulässig sei. Kurioserweise blieb die Abkürzung  ‚KCS’ (Karnevalsclub Sacro) weiterhin, bis heute, erhalten. Am 21.Juni 1990 erfolgte die Bestätigung der Eintragung in das Vereinsregister mit der laufenden Nummer 11.                                                                                                                                       Im November wurde eine Partnerschaft mit der Karnevalsgesellschaft „Noh bei Kölle“ aus Wermelskirchen-Dabringhausen begründet. Wermelskirchen ist auch offizielle Partnerstadt der Stadt Forst. Die Beziehungen der Narren aus Ost und West werden seitdem intensiv gepflegt und durch gegenseitige Besuche gestützt. Pünktlich zum 11.11.1990 hieß es dann in einem Flugblatt zum Sessionsauftakt: „Deutschland einig Narrenland“. Treffpunkt war der Rosenbrunnen am Max-Seydewitz-Platz. Als Überraschung wurde ein Karnevalstrunk  zum Preis vom DM 1,00 für 0,25 08---EtikettLiter angeboten. Den ‚Neißetaler Karnevalstrunk’  gab es allerdings bereits Mitte der 80er Jahre und diese Tradition wurde bis Mitte der 90er Jahre fortgeführt. Hergestellt und karnevalistisch etikettiert wurde das Getränk (Mehrfruchttischwein) von der Haus- und Hofkelterei Franz Worrich, abgefüllt in großen und kleinen Flaschen.

Die ersten Karnevalssitzungen im Februar 1991 fanden im „Kulturhaus der Textilarbeiter“, dem ehemaligen „Schützenhaus“ statt.

Am 25. März 1991 wird der KCS Mitglied im ‚Bund Deutscher Karneval’ (BDK) und somit auch bundesweit verbandstechnisch integriert. Im gleichen Jahr wurde mit einer Tradition gebrochen. Die Eröffnung der Session erfolgte nicht, wie in karnevalistischen Kreisen üblich, am 11.11. sondern erst am 16.11.1991. Grund war die unspektakuläre Tatsache, dass die Räumlichkeiten, die man benötigt hätte, durch eine private Feier schon blockiert waren. Das sollte sich aber nicht mehr wiederholen.

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Abb. 9: Das aktuelle Vereinswappen.

Im Januar 1992 entwirft Klaus-Dieter Seidel ein Vereinswappen.   Da das Wappen der Stadt Forst darin Verwendung findet, wird die Genehmigung beim amtierenden Bürgermeister, Herrn Dr. Reinfeld, eingeholt, der seine schriftliche Zustimmung erteilt. Im gleichen Jahr werden Vereinsabzeichen als Anstecker erworben. So lässt sich auch nach außen hin, ganzjährig die Zugehörigkeit zum KCS dokumentieren. Nach Schließung des „Kulturhauses der Textilarbeiter“ kehrt der KCS im Februar 1992 mit seinen Veranstaltungen zurück an seinen Herkunftsort, der Gaststätte „Turnhalle“ in  Sacro. Der November war dann sehr ereignisreich. Gemeinsam mit dem Döberner Karnevals Club warb man mit einer einseitigen Anzeige im Forster Wochenspiegel für die anstehenden Veranstaltungen. Erstmalig gab es ein Kinderprinzenpaar (Anlage 5), das auch am Umzug vom Rosenbrunnen zum Rathaus teilnahm.

Zum einjährigen Bestehen der Forster Schwimmhalle beteiligte sich der KCS an den Feierlichkeiten. Erstmals hieß es „Forschte Plumps und Helau“. In den Folgejahren war der KCS immer wieder an den Festivitäten beteiligt und fand, insbesondere unter den Kindern, eine große Anhängerschar. 1993 gab es wieder eine personelle Veränderung. Wilfried Zimmermann, der 10 Jahre lang die Geschicke des Vereins geleitet hatte, schied aus beruflichen Gründen aus dem Präsidentenamt aus. Nachfolger wurde Klaus-Dieter Seidel, der schon seit 1987 als ‚Bolle von der Neiße’ dem Publikum als Büttenredner (Anlage 6) bekannt war. An dieser Stelle sei Angela Stadach erwähnt, die von Beginn an bis zum heutigen Tage als Büttenrednerin, aber auch als Verfasserin von Texten für andere Akteure, Vereinsgeschichte geschrieben hat. Am 25. Januar 1993 wurde beim Finanzamt Cottbus Ost ein Antrag gestellt, der dem Verein den Status der Gemeinnützigkeit verleihen sollte. Diesem Antrag wurde  stattgegeben, so dass künftig Spenden an den Verein auch steuermäßig in Abzug gebracht werden konnten. Spenden und Sponsorengelder, auf die der KCS, trotz wachsender Mitgliederzahlen (Stand im November 1994 = 70 ordentliche Mitglieder), natürlich angewiesen war und ist.

10---2003

Abb.10: Funkengarde im Rosengarten

Bei einem Turnier in Schwarzheide erreichte die Funkengarde   einen ausgezeichneten 3. Platz. Ein Ereignis, dem in den folgenden Jahren noch viele weitere gute Platzierungen und Siege folgen sollten. Gleiches gilt für das Männerballett, das sich in diese Erfolgsgeschichte einreihte. Am 14.02.1993 lud man zum Kinderkarneval ins Bürgerzentrum. Nachdem diese jährliche Veranstaltung zunächst im Auftrag und Regie der Stadt Forst erfolgte, übernahm schließlich der KCS die alleinige Verantwortung für die Durchführung. Seitdem findet der Kinderkarneval an einem Sonntag im Februar in der Vereinsgaststätte in Sacro statt. Über die Kontakte zur Karnevalsgesellschaft „Noh bei Kölle“ aus Wermelskirchen-Dabringhausen wurde schon berichtet. Im November 1993 erfolgte der Besuch einer Delegation aus dem Bergischen Land hier bei uns an die Neiße. Neben karnevalistischem, Fachsimpeln standen da natürlich auch informative Ausflüge in die Umgebung auf dem Programm. Inzwischen hatte der Bekanntheitsgrad der Forster Narren die Stadtgrenze überschritten. So war  bei der Schlüsselübergabe an das Prinzenpaar durch den Bürgermeister in den Jahren 1993 und 1994 auch der Radiosender Antenne Brandenburg dabei, der über das Ereignis berichtete.

1994 wurde die Prinzengarde mit Säbeln ausgerüstet. Gerade rechtzeitig wurde die Ausrüstung vervollständigt, denn in diesem Jahr nahm man erstmalig an der Eröffnung der Rosengartenfesttage teil. Bürgermeister und Rosenkönigin wurden durch die Garde feierlich begrüßt. Das Winterbrauchtum war im Sommer angekommen. Von nun an sollte es keine Eröffnung der Rosengartenfesttage mehr ohne den KCS geben.

11---2001

Abb. 11: Prinzengarde im Rosengarten 2001

Im gleichen Jahr wurde eine Broschüre (15 Jahre Karnevalsverein Forst-Sacro) anlässlich der 15. Session herausgegeben, in der ein erster Rückblick auf die vergangenen Jahre zusammengestellt wurde.

12---1995-Urkunde

Abb.12: Urkunde für Sabine und Michael Henning: “Mundschenk des KCS”

Nach einem Entwurf der Firma ‚Sachsen Fahnen’ aus Kamenz wurde im April 1995 ein Vereinsmaskottchen geschaffen, das von nun an auf T-Shirts, Eintrittskarten und als Saaldekoration Verwendung fand. 5 Monate später wird Klaus-Dieter Seidel, Präsident des KCS, Ehrenmitglied der Partnergesellschaft „Noh bei Kölle“.                                                 Im März 1995 erwirbt man bei der Firma Schönrath in Forst eine neue Vereinsfahne, die seitdem  bei offiziellen Anlässen gezeigt wird. Nachdem bis dahin noch die Fahne mit der Bezeichnung ‚Karnevalsklub Sacro’ Ver-wendung gefunden hatte, hatte man jetzt auch den Namen auf dem Banner umgestellt und auf den aktuellen Stand gebracht. Erstmals und als Ausnahme fand in diesem Jahr eine zusätzliche  Sitzung des KCS im renovierten Forster Hof statt. Die Erfahrungen, die man mit dem Betreiber machte, erwiesen sich allerdings als nicht so positiv. So blieb es bei dieser einen Ausnahme und seitdem hält man ausschließlich an den  altbewährten Räumlichkeiten in Sacro fest. Die Gaststätte ‚Turnhalle’ wurde im November durch Überreichung einer Urkunde  an die Wirtsleute Sabine und Michael Hennig offiziell zur Vereinsgaststätte erklärt.

13---1997-98

Abb. 13: Lausitzer Prinzenpaar 1997/98 Werner Schröter und Kerstin Anton

14---1984

Abb. 14: Forster Hofsänger 1984 in Sacro

Im Februar 1997 wurde wieder mit einer Tradition gebrochen. Erstmals gab es aufgrund der großen Nachfrage eine zusätzliche Karnevalssitzung nach Aschermittwoch. Die positive Sitzungsbilanz der folgenden Jahre: 10 Sitzungen pro Session mit ca. 2000 Besuchern. Besonders erfreulich, dass die Gäste, jung und alt, sich seit Jahren als besonders treu und hoch motiviert gezeigt haben. Die Mehrzahl erscheint kostümiert und trägt so mit zu der Stimmung bei, die für jedes karnevalistische Ereignis un-verzichtbar  ist.                             Auch das Folgejahr wartete für den KCS wieder mit einem Höhepunkt auf. Mit Kerstin Anton stellte der KCS erstmals die Prinzessin beim Lausitzer Prinzenpaar. Gemeinsam mit dem damaligen Präsidenten der Cottbuser Handwerkskammer, Werner Schröter, präsentierten sie als Werner I. und Kerstin I. in der Session 1997/98 die Lausitzer Narren. Und auch das Lausitzer Kinderprinzenpaar (Michael Schulze und Karolin Fetter) wurde von den Narren aus Forst-Sacro gestellt. Ein weiteres Zeichen  für die Anerkennung, die die Karnevalisten aus der Neißestadt genießen.                     Da wunderte es auch nicht, dass die Forster Hofsänger, eine Gesangsgruppe, die es seit der Gründung des Vereins gibt, die alljährliche Karnevalsgala in der Cottbuser Stadthalle am 24. Januar 1998 stimmungsvoll eröffneten. ‚Heut steppt der Adler’ hieß es wie in jedem Jahr und der Name war Programm.

Auch in diesem Jahr ließen die sommerlichen Aktivitäten in der Neißestadt die Karnevalisten nicht ruhen. Neben der Eröffnung der Rosengartenfesttage begeisterte die Tanzgruppe des KCS im August die Besucher der Romantiknacht mit ihrem „Tanz der Phantasie“.                                                     Das Forster Wochenblatt nahm sich in seiner Ausgabe vom 13.November 1998 des Vereins an und gab ihm die Möglichkeit, sich in seiner Reihe „Forster Vereine stellen sich vor“ der Leserschaft zu präsentieren. 1999 wurde dann zum Jahr der wechselnden Gefühle. Im Februar 1999 schrieb Norbert Norkus, Gardemajor der Prinzengarde, das ‚Lied der Forster Prinzengarde’ (Musik: Horst Blechstein), das im gleichen Monat seine Uraufführung erlebte. 

Hier der Text:

Wenn wir im gleichen Schritt das Narrenvolk begrüßen,

dann freut sich hier im Ort ein jeder wie ein Kind.

Die Frauen liegen hundertfach zu unseren Füßen,

weil wir so stolze und so kühne Recken sind.

Refrain:

Blau und Weiß ist die Farbe meines Lebens,

Blau  und Weiß, welch eine Farbenpracht,

Etwas schöneres, das suchten wir vergebens,

selbst die Sonne aus blauweißem Himmel lacht.

Wir schützen unsere Tollitäten schon seit Jahren,

ob Hauptmann, Leutnant oder auch als Grenadier.

Im Kampfe haben wir nur Siege heimgefahren,

dieser Verein ist unser Lebenselixier.

Refrain:

Wir wünschen uns das auch noch in hundert Jahren,

was könnte denn für uns hier alle schöner sein..

Die Leute strömen zu uns weiterhin in Scharen,

und mit Helau begrüßt sie dann unser Verein.

 

Mit diesem Text hatte er  wohl den richtigen Nerv bei den begeisterten Mitgliedern des KCS getroffen. Für Vereinsmitglieder wurde daher eigens eine CD  mit dem Titel „Eine Liebeserklärung an die Farben Blau-Weiß“ aufgenommen. Blau-Weiß, so muss man wissen, sind die Farben der Forster Prinzengarde, die auch für die gesangliche Darbietung verantwortlich zeichnete.

15---1999

Abb. 15: CD-Cover “Eine Liebeserklärung an die Farben Blau-Weiß”

Nach dem offiziellen Ende der Session (Aschermittwoch) reiste eine Delegation des KCS zum Partnerverein „Noh bei Kölle“ nach Wermelskirchen-Dabringhausen. Die Narren aus dem Bergischen Land feierten ihr 44jähriges Bestehen. Da durften die Forster natürlich nicht fehlen und zeigten Ausschnitte aus dem Programm der vergangenen Session.                                    Nachdem die Session 1998/1999 so erfolgreich verlaufen war, erlebte man dann, im August, einen schweren Schicksalsschlag.                                                                                                    Norbert Norkus, der noch vor einem halben Jahr das Lied der Prinzengarde geschaffen hatte, verstarb am 2. August plötzlich und unerwartet im Alter von nur 50 Jahren. Damit verlor der Verein einen Mann, der die Garde in ihrer heutigen Form wesentlich geprägt hat und der sicher einer der kreativsten Köpfe im Vereinsgeschehen war.                                                                               Wer die Veranstaltungen des KCS kennt, der wird sich sicher schon die Frage gestellt haben, wohin mit all den Requisiten, die im Laufe einer Karnevalsaison gebraucht werden. Sicher hatte man in den Räumen der Vereinsgaststätte die Möglichkeit, insbesondere während der laufenden Session, Materialien zu lagern, aber auf  Dauer musste man natürlich eine langfristige Möglichkeit der Unterbringung   finden.                                                                                                             So kam es,  dass man im September 1999 in der Cottbuser Str. 26 in Forst erstmals ein vereinseigenes Refugium beziehen konnte. Als großzügiger Sponsor sei die  Forster Wohnungsbaugesellschaft (FWG) erwähnt, die mit mieterfreundlichen Konditionen diese Möglichkeit eröffnete. Endlich hatte man einen Treffpunkt, der jederzeit zugänglich war und darüber hinaus ausreichend Platz bot um die vorhandenen Utensilien zu lagern. Bis zum Jahr 2007 wurden zusätzlich die Räumlichkeiten der ‚Alten Schmiede’ als Unterbringungsmöglichkeit für Requisiten genutzt, die nicht aktuell benötigt wurden.

 Mit Schwung ins neue Jahrtausend

16---2000

Abb. 16 Konfettikanone mit den Kanonieren Bernd Schulze und Ingo Lehmann 11.11.2000, Parkplatz Promenade

Im Jahr 2000 gab es wieder 2 Neuerungen.  Am 11.11.  wurde das karnevalistische Treiben erstmals mit einer selbstgefertigten Konfettikanone eröffnet. Ingo Lehmann, Bernd Schulz und Klaus-Dieter Seidel hatten das Schmuckstück aus Teilen vom Schrottplatz, den Rädern einer Feuerwehrlafette und einer Kugelstoßkugel zusammengebaut.

17---2005

Abb. 17: Forster Orgelpfeifen 2005 in der Stadthalle Cottbus

Im Dezember gründete sich die Gauditruppe der „Forster Orgelpfeifen“,  die im Februar des Folgejahres ihren ersten Auftritt hatten. Hauptattraktion ist eine optisch als Drehorgel gestaltete Stereoanlage. „Orgelpfeife“ Peter Riedel hatte das „Wunderwerk“ nach einer Idee von Klaus-Dieter Seidel und mit dem technischen Sachverstand von Steffen Gabriel (mit CD, Mikrofonanschluss und Batteriebetrieb) in ca. 200 Arbeitsstunden im Eigenbau erstellt. Seitdem sind die „Spaßmusiker“ aus dem Vereinsleben nicht mehr wegzudenken. Nachdem man in der Vergangenheit beim „Sturm auf das Rathaus“ am 11.11. immer wieder auf die Unterstützung fremder Musikkapellen, wie den Fanfarenzug,  angewiesen war, wurden die „Orgelpfeifen“ nun zu einem festen Bestandteil des jährlichen  Karnevalauftakts.                                                             Im Sommer 2007 nahmen die  „Orgelpfeifen“ am Sacroer Museumsfest teil und machten ihrem Namen mit der Darbietung „Alt Berliner Orgelmusik“ alle Ehre.

Der Mitgliederbestand hatte sich inzwischen auf 86 ordentliche Mitglieder und 12 Anwärter erhöht. 2001 stand wieder ein Jubiläum an. 2 x 11 Jahre Karnevalsverein Forst-Sacro hieß es und das Ereignis wurde natürlich mit einer bunten Broschüre  gewürdigt zu der, wie 7 Jahre zuvor, auch der Forster Bürgermeister Dr. Gerhard Reinfeld ein Grußwort beisteuerte. So stellt er u.a. fest:

 „… Und so ein Jubiläum – nämlich zweimal 11 Jahre – begeht in dieser Saison der Karnevalsverein Forst-Sacro. Es ist zwar noch ein jugendliches Alter, doch schon längst hat sich der Verein einen festen und anerkannten Platz in der Forster Kulturlandschaft erobert.“

18---2001

Abb. 18: Titelseite der Broschüre “22 Jahre Karnevalsverein Forst Sacro”

Zu der Jubiläumsveranstaltung am 24. November hatten sich 13 andere Vereine angemeldet, unter ihnen natürlich auch die aus dem Bergischen Land angereisten Narren aus Wermelskirchen-Dabringhausen.                                                                                                                       Nachdem vor 10 Jahren bereits der Radiosender Antenne Brandenburg Interesse  an den Aktivitäten der Forster Narren gezeigt hatte, und das Forster Regionalfernsehen von den Aktivitäten des KCS berichtet hatte, meldete sich im Jahr 2003 das ZDF an. Ein Aufnahmeteam aus Mainz drehte ca. 3 Stunden bei der Sitzung des KCS in Sacro. Gesendet wurden schließlich 3 Minuten im Rahmen eines Mittagsmagazins. Trotzdem – der KCS hatte nun bundesweite Bekanntheit erreicht.

19---2001

Abb. 19: Jubiläumsveranstaltung am 11.11.2001 mit Prinzenpaar des KVL Partnerverein aus Wermelskirchen-Dabringhausen

20---2004

Abb. : Engagiertes Publikum mit selbstgebautem Elefanten bei der KVL-Werkstatt am 28. Februar 2004 im Forster Hof

Ohne das passende Outfit geht es auch im Karneval nicht. Bei der Gründung des Vereins im Jahre 1979 wurde der Elferrat, der traditionell an den Sitzungen teilnimmt, mit Umhängen ausgerüstet. Im Februar 2004 wurden die Umhänge gegen modernere Jacken ausgetauscht. An den vorhandenen Kappen des Elferrates mit dem Kürzel KCS hielt man jedoch, bis heute, fest.       Frisch gestylt nahm man  am   größten   Karnevalsumzug  in Ostdeutschland teil. Mehr als 100 000 Menschen säumten die 3,5 Kilometer lange Strecke beim „Zug der fröhlichen Leute“, in Cottbus. Seit dem Februar 1991 beteiligt sich der KCS, auch mit eigenem Umzugswagen, an diesem Ereignis.                                                                                                                              In jedem Jahr, nach Abschluss der Session, findet eine Werkstatt des  Karnevalverbandes Lausitz e.V. statt, auf der die Vereine Ausschnitte ihrer besten Programme vorstellen und sich Anregungen für ihre weiteren Aktivitäten holen. Im Jahr 2004 war der KCS Ausrichter. Am 28. Februar versammelten sich 26 Vereine mit 450 Mitgliedern im Forster Hof . Die Forster Innenstadt erlebte ein fröhliches und buntes nachkarnevalistisches Spektakel. Die Resonanz bei den Teilnehmern war durchweg positiv.  Die Lausitzer Rundschau würdigte das Ereignis mit der Schlagzeile : „Eine Atmosphäre wie beim Wiener Opernball“. Der KCS hatte seiner seit Jahren andauernden Erfolgsbilanz ein weiteres Kapitel hinzugefügt.

 

Ehrungen, Ehrungen, Ehrungen

Seit dem Jahr 2005 erfährt der KCS eine zusätzliche Wertschätzung. Seit diesem Jahr werden der Präsident und das Prinzenpaar zu dem alljährlichen Neujahrsempfang des Bürgermeisters eingeladen. Am 30. Januar 2005 erringen die Raw Diamonds beim 8. Lausitzpokal im Showtanz in Kamenz den 1.                                                                                                                             Platz. Und die Ehrungen nahmen kein Ende.

  1. Februar 2006: Der Präsident des KCS, Klaus-Dieter Seidel, erhält die Ehrenmedaille der Stadt Forst. In der Würdigung durch den Bürgermeister Dr. Gerhard Reinfeld anlässlich des Neujahrsempfangs heißt es u.a.:

„… Kunst kommt von Können und was unser Karnevalsverein auf die Beine bringt, ist wirklich hohe Kunst. Humor der Spitzenklasse, gewiss der Karnevalsverein verfügt über so manches Talent. Aber es ist auch die Leistung des Präsidenten diese Talente unter einen Hut und an das Publikum zu bringen. Unser Karnevalsverein gehört zu den kulturtragenden Vereinen der Stadt. Er ist ein Aushängeschild im besten Sinne des Wortes. Ob in Cottbus oder in Wermelskirchen, ob auf der Straße, der Bühne oder im Fernsehen, wir können stolz sein auf unseren Karnevalsverein. Die Lausitz hat nichts Besseres zu bieten. …“

21---2006

Abb. 21: Prinzenpaar 2006/2007 Andreas und Ramona Wolff mit Kinderprinzenpaar Vincent und Sarah, 11.11.2006

Am 11.11. wurde das Prinzenpaar erstmals durch Überreichung einer Urkunde über Beginn und Ende seiner Regentschaft in das Amt eingeführt. Seit diesem Jahr ziert die Brust des Karnevalsprinzen auch das Wappen der Stadt Forst. Jetzt zeigt sich das Prinzenpaar auch äußerlich erkennbar, als Repräsentant (und Werbeträger?) der Stadt.                                 Besonderes Interesse finden immer wieder die prachtvollen Kostüme des Prinzenpaares. Prinzessin und Prinz werden in jedem Jahr neu ausgestattet. Dies war nicht immer so. In früheren Zeiten wurden die Kostüme teilweise verändert weitergenutzt oder Teile der alten Ausstattung auch für die neue Session wiederverwendet.  Die Kosten für die Ausstattung trägt der Verein, in dessen Besitz die Kostüme nach Ablauf der Session, auch verbleiben. So wächst der Fundus Jahr für Jahr weiter an. Während die Kostüme für Prinzenpaar, Prinzengarde und die Funken in einer professionellen Werkstatt geschaffen werden, werden die übrigen Näharbeiten immer noch in Eigenregie erstellt.                                                                                                                         Am 17. November 2006 wurde der Vizepräsident des Vereins, Wernfried Zägel, durch den Bund Deutscher Karneval mit dem Verbandsorden in Silber ausgezeichnet. Im gleichen Jahr wurde dem Präsidenten des Karnevalsverbandes Lausitz e.V., Frank Czepok, die bisher einzige Ehrenmitgliedschaft des KCS verliehen.                                                                                           Im Dezember ergab sich wieder eine räumliche Änderung. Zum 1. des Monats bezog man eine neue Vereinwohnung in der Karlstr. 26 in Forst. Sponsor ist der Vizepräsident Wernfried Zägel. So ist langfristig eine  sichere und preisgünstige  Unterkunft für die Narren und ihre Utensilien gesichert.  Am 16. Februar des Jahres 2007 wurde das amtierende Prinzenpaar, Andreas I. und Ramona I. zusammen mit weiteren 16 Prinzenpaaren  aus Brandenburg und dem Kinderprinzenpaar zu einem Empfang beim Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg, Matthias Platzeck, eingeladen. Auch die Vereinspräsidenten waren dabei. Ein weiterer Meilenstein im langjährigen Wirken des Vereins.

Der 11.11.2007 war ein Sonntag. Arbeitsfrei. Dies nahm man zum Anlass, 85 Forster Vereine aufzufordern, gemeinsam mit dem KCS den närrischen Saisonauftakt zu feiern und als Volksfest zu begehen. Zu diesem Zweck wurde ein großes (600 m²) und beheiztes Festzelt direkt an der Kirche bereitgestellt. Die Resonanz der Vereine, die bereits drei Monate vor dem Ereignis informiert wurden, war allerdings kläglich. Nur drei der potentiellen Mitstreiter reagierten überhaupt auf die Anregung des KCS und nur der Forster Frauenchor meldete sich mit einer aktiven Teilnahme gesanglich zu Wort. Kälte und heftiges Schneetreiben taten ihr Übriges, so dass das erhoffte Ergebnis nur bedingt erreicht wurde. Trotzdem hatten alle Forster Narren, die den Weg ins Festzelt gefunden hatten, ihren Spaß. Ob ähnliche Aktionen des KCS sich wiederholen werden,  bleibt nach  dieser  Enttäuschung allerdings erst einmal  abzuwarten .                           Die Mitgliederzahl des Vereins ist inzwischen auf 102 (2009) ordentliche Mitglieder und 30 Anwärter angestiegen. Eine Grundlage, die auf weitere, erfolgreiche Jahre im Vereinsgeschehen hoffen lässt.

Karneval – und sonst?

22---1997

Abb. 22: Showtanzgruppe beim Gewerbegebietsfest 1997

Auch wenn  die Hauptaktivitäten auf die fünfte Jahreszeit abgestellt sind, der KCS ist eigentlich das ganze Jahr über im Einsatz. Sei es  bei den früheren Gewerbegebietsfesten, dem Tierparkfest in Jocksdorf, dem Hoffest in Preschen oder bei der Eröffnung der Rosengartenfesttage und der alljährlichen Romantiknacht. Die Teilnahme der Forster Karnevalisten ist heiß begehrt. Auch viele private Interessenten melden immer wieder ihre Wünsche für Festlichkeiten an.  Eine Belastung, die auf Dauer natürlich nicht zu verkraften ist. Schließlich sind alle Akteure nur in ihrer Freizeit aktiv. Kein Wunder, dass da, zur großen Enttäuschung, so manche Absage erfolgen muss. Aber auch einzelne Mitglieder des KCS sind außerhalb ihrer eigentlichen Domäne durchaus erfolgreich. So wurden nicht weniger als fünf aktive Karnevalistinnen in Forst zur Rosenkönigin gewählt:

  • 1989: Kathleen Melde (Karnevalsprinzessin der Session 1989/90)
  • 1996: Martina Schulze (Karnevalsprinzessin der Session 1995/96)
  • 1999: Mandy Lobner (Mitglied der Funkengarde)
  • 2004: Madlen Henschke (Mitglied der Funkengarde, Karnevalsprinzessin der Session 2007/08)
  • 2014: Stefanie Auerbach (Mitglied der neuen Gruppe Piccolinas, Karnevalsprinzessin der Session 2013/14)

Man sieht, karnevalistisches Engagement muss keine Einbahnstraße sein. Auch wenn die närrische Saison eigentlich nie endet (Ideen sammeln und Vorbereitung für die nächste Session finden das ganze Jahr über statt), so trifft man sich auch außerhalb närrischer Hintergründe und pflegt Geselligkeit im Vereinsrahmen. Ausflüge und andere Aktivitäten, wie die seit 1999 alle 2 Jahre stattfindende ‚Gaudi-Olympiade’ stärken das Zusammengehörigkeitsgefühl und geben die notwendige Kraft für die neu anstehenden Forderungen, wenn es wieder heißt: „Karneval im Neißetal und Forschte Helau“.

Bleibt festzustellen:

Der KCS, ein Verein, der voll und ganz im kulturellen Leben der Stadt Forst verankert ist. Ein Verein, der über das Winterbrauchtum hinaus, eine aktive Rolle im Stadtgeschehen spielt und allgemeine Anerkennung findet.

Zu Recht!

23---2003

Abb. 23: KCS im Rosengarten – 2003

Präsidenten des KCS

  • 1979 – 1983 Konrad Fechner
  • 1983 – 1993 Wilfried Zimmermann
  • 1993 – 2009 Klaus-Dieter Seidel
  • 2009 – 2013 Wernfried Zägel
  • seit. 2013 Kerstin Anton

 

 

Manfred Geisler (2009)

 

 

 

Quellenhinweise:

Zeitungsarchiv des Stadtarchivs der Stadt Forst:

Zeitungsarchiv des Kreisarchivs des Landkreises Spree-Neiße:

Lausitzer Rundschau vom: 05.12.1960 / 04.12.1980 / 26.02.1992 / 09.11.1992 / 08.11.1993  11.11.1994 / 11.01.1997 / 22.01.1998 / 26.01.1998 / 14.08.1998 / 26.11.1998 / 27.11.2001  04.03.2003  12.11.2003 / 23.02.2004 /01.03.2004 / 04.11.2005 / 17.02.2007 / 12.11.2007

Forster Wochenspiegel vom: 11.11.1992 / 27.11.1991 / 24.02.1993

Forster Lokalanzeiger vom: 18./19.11.1992

Forster Wochenblatt vom: 13.11.1998 / 17.11.2000 / 09.11.2001 / 09.11.2007

Forster Jahrbuch 2006, Günter Wolf: Die Chorgemeinde Forst, Seite 184

Broschüre 15 Jahre Karnevalsverein Forst-Sacro / 15. Session 1994/95

Broschüre 22 Jahre Karnevalsverein Forst-Sacro / 22. Session 200/01

Satzung des KCS in der Fassung vom 17.05.1992

Zeitzeugen: Britze, Wilfried (Forst-Sacro) / Krahl, Heinz (Forst-Sacro) / Krahl, Ursula (Forst-Sacro) / Lobner, Renate (Forst-Sacro) / Seidel, Klaus-Dieter (Forst)

Bildnachweise: Privat: Abb. 1, 16, 22 / Renate Lobner: Abb. 2 / Ursula und Heinz Krahl: Abb. 3, 14 / KCS: Abb. 4, 5, 7, 8, 9, 12, 13, 15, 17, 18, 21 / 23 / Gert Kundisch: Abb. 6, 11, 19, 20

Angelika Brinkop: Abb. 10, 14